Ich höre bereits das „aber“ bei manchen von Euch Lesern. Für mich gibt es kein „aber“, ich stehe dazu: „Einschlafstillen ist vollkommen ok und sogar normal“!
Aber der Reihe nach, fangen wir erst man von vorne an:
Warum schlafen Babys beim Stillen überhaupt so prima ein?
Stillen ist für Neugeborene einerseits der Inbegriff von Nähe. Es kann auf ganz vielen Ebenen „Mama tanken“. Diese Nähe gibt Sicherheit, Geborgenheit und beruhigt deshalb ungemein. Eigentlich wäre das alles bereits genug um sanft ins Land der Babyträume zu sinken.
Zusätzlich wirken mehrere Mechanismen unter anderem auf hormoneller Ebene zusätzlich schlaffördernd. Die Zusammensetzung der Muttermilch folgt einer spanischen Studie zufolge einem 24-Stunden-Rhythmus. Am Abend und in der Nacht beispielsweise ist der Tryptophan-Wert in der Muttermilch erhöht. Diese Aminosäure spielt eine wichtige Rolle bei der Produktion von Serotonin und Melatonin, die wiederum mit für die Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus verantwortlich sind. Zusätzlich fanden die Forscher sogenannte Nukleotide in der Muttermilch welche je nach Tageszeit eher schlaffördernd oder eher anregend wirken.
Muttermilch und Stillen wirken also auf ganz vielfältigen Wegen als „natürliches Schlafmittel“
Das Bedürfnis in der Nähe der Mutter/ Eltern zu schlafen
Babys schlafen ungern alleine. Zurecht! Wenn man das Ganze einmal aus unserer Menschheitsgeschichte betrachtet, so wie das der Kinderarzt und Autor Dr Herbert Renz-Polster in seinem Buch „Kinder Verstehen“ tut, merkt man, dass das auch durchaus Sinn macht. So schreibt er in diesem Buch:
„So unpraktisch dies ist, evolutionsbiologisch betrachtet ist es sinnvoll: Ohne den Schutz von Erwachsenen einzuschlafen war unter den Bedingungen der menschlichen Frühgeschichte ein Rezept für den sicheren Tod. Die ungeschützten Winzlinge wären von Hyänen verschleppt, von Bären gefressen oder durch eine plötzliche Kaltfront unterkühlt worden. Kein Wunder also, dass nicht die oft besungenen Sternlein am Himmel die Brücke zum Schlaf bilden, sondern ein vertrauter Mensch und die mit ihm verbundenen Merkmale – vom Hautkontakt bis zur gewohnten Stimme.“ (Quelle)
Die ewige Legende vom Tyrannen
Leider hält sich in unserer Gesellschaft teilweise noch hartnäckig die Befürchtung, man könne ein Baby verwöhnen und sich so einen Tyrannen heranzüchten. Und Überbleibsel dieser Sichtweise halten sich nicht nur bei den Großeltern und Ur-Großelterngenerationen. Erschreckenderweise kommen Warnungen a la „wenn Du ihn jedes Mal in den Schlaf stillst, wirst Du ihn nie los“ oft genug auch von anderen Müttern. Richtig gruselig wird es, wenn man sich einmal ansieht, woher diese „Lehren“ (zu denen übrigens noch viel mehr unsinnige Ideen wie „Babys sich in den Schlaf schreien lassen“ etc gehören.) kommen. (>>mehr hierzu)
Nein, man kann ein Baby nicht mit Einschlafstillen oder der Erfüllung anderer Bedürfnisse verwöhnen, Punkt! Und mit einem bedürfnisorientierten Umgang und Erziehungsstil zieht man sich keinen Tyrannen heran, sondern ein ausgeglichenes selbstsicheres Kind.
Zwei Schritte vor einen zurück
Nicht nur im Babyalter, aber dort vermehrt, beobachte ich bei vielen Kindern dieses Muster des „zwei Schritte vor, einen zurück“.
Nach einem mehr oder wenig großen Entwicklungsschritt, der den Eltern meist das Gefühl gibt, dass es „voran geht“, dass das Kind „endlich“ besser schläft, krabbelt, Beikost isst, läuft (was auch immer), folgt oft wieder ein kleiner „Rückschritt“, zumindest fühlt es sich für die Eltern so an. Charakteristisch für diesen vermeintlichen „Rückschritt“ ist nicht selten ein wieder verstärktes Bedürfnis nach Nähe bei den Kindern, sowie bei Stillkindern das Verlangen nach möglicherweise wieder mehr Stillmahlzeiten oder die Rückkehr zum vielleicht schon zeitweise nicht mehr nötigen Einschlafstillen.
Ungünstiges Timing
Manchmal kommt auch einfach schlechtes Timing dazu. Ruck-zuck ist dann ein Baby welches vielleicht bereits nahezu durchgeschlafen hatte, welches sich schon fast wie ein Kleinkind angefühlt hatte und das kurz vor dem endgültigen Abstillen stand wieder ein kleines nähebedürftiges Babybündel. Beispielsweise im Alter von so etwa 10 Monaten sind die Kinder von Natur aus wieder etwas anhänglicher. Bei den Müttern dreht sich aber in dieser Zeit bereits häufig im Kopf alles um den Wiedereinstieg in den Beruf und den Krippenstart für das Kind wenn dieses 1 Jahr alt wird. Diese beiden Phasen verstärken sich dann oft. Das Kind merkt, dass Mama „sich entfernen“ möchte oder auf Abstillen hindrängt. Klar dass viele Kinder darauf mit einer starken „Gegenbewegung“ reagieren und erst recht Stillen wollen und erst recht zum Einschlafen nicht nur Nähe sondern auch (wieder) die Brust einfordern.
Und auch das ist ganz normal! Wenn Dein Baby merkt, dass Du für es da bist, dass es die Nähe die es braucht auch bekommt wird sich diese Phase von selbst wieder legen.
Darum ist es für Mütter, welche kurz vor dem Wiedereinstieg in den Job noch „schnell, schnell“ abstillen wollen wert, darüber nachzudenken, damit noch etwas zu warten. Denn bei innigen Stillmahlzeiten können Du und Dein Baby die Zeit der noch ungewohnten Trennung sozusagen aufzuholen, das tut Euch beiden gut! (>>mehr dazu)
Der Drang nach Selbstständigkeit bringt die Lösung
Dein Baby hat das Bedürfnis nach Nähe sozusagen in seinem mitgegebenen „Bauplan“. Aber es hat dort ebenso auch das Bedürfnis nach Selbstständigkeit mit auf den Weg gegeben bekommen. Und je älter es wird, je mehr kommt dieses zum Tragen.
Das heißt, Du brauchst nicht Sorge zu haben, dass Dein Kind „ewig“ an der Brust einschlafen möchte. Wenn es reif genug dafür ist, wird es ganz von selbst den Antrieb haben, ohne Brust einzuschlafen und im eigenen Bett zu schlafen.
Versprochen!
In diesem Sinne: Entspannt (in den Schlaf) stillen!
Zwei empfehlenswerte Bücher zweier von mir sehr geschätzter Autoren zum weiterlesen (Die beiden schreiben übrigens wunderbarerweise an einem gemeinsamen Buch zum Thema Schlaf):
„Kinder verstehen- Born to be wild“ von Dr. Herbert Renz-Polster, Kösel Verlag
Schlaf gut, Baby!: Der sanfte Weg zu ruhigen Nächten von
„Das Geheimnis zufriedener Babys“ von Nora Imlau, Gräfe und Unzer Verlag
Die oben erwähnte Studie zu Nukleotiden in der Muttermilch:
Sanchez, C; et al: The possible role of human milk nucleotides as sleep inducers. Nutr Neurosci 2009; 12, 1-8.
Vielen Dank für den tollen Artikel, der mich noch einmal schön bestärkt hat. Manchmal ist es nicht leicht bei sich selbst, seinem Kind, den eigenen Gefühlen, der inneren Stimme / Intuition zu bleiben, wenn um mich herum so viele Andersdenkende ihre Zweifel äußern.
Alles Liebe
Melanie
Danke Melanie!
Was Du schilderst ist genau meine Absicht mit meinem Blog. Denn in meiner täglichen Arbeit mit stillenden Müttern (und auch auch meiner eigenen Erfahrung) finde ich, dass es zwar unerlässlich ist gute Infos zur Verfügung zu stellen, aber es auch einfach mehr Unterstützung für Mütter dabei braucht auf ihre eigene Intuition zu hören.
Liebe Grüße
Christina
Liebe Christina,
ich bin so erleichtert. Unser Sohn ist fast 16 Monate alt und stillt noch (tags wie nachts) wie ein Weltmeister 😉
Danke für die Aufklärung!!
Jenniffer
Oh das freut mich, dass ich helfen kan?
Du sprichst mir aus der Seele! ! Wie oft ich mir von meinen Eltern und anderen Müttern sagen lassen muss ich würde mein Kind verziehen weil ich ihn mittags und abends in den Schlaf stille. Für uns ist das eben der schönste und entspannteste Weg! Vielen Dank für die Bestärkung!!
Gerne! Diese Rückendeckung war genau meine Absicht. Und schön, dass Ihr Weg geht der Euch gut tut!
Wunderschöner Artikel…! Danke dafür?
Ich empfinde es als unheimlich schwierig und mühsam, sich dem ewigen „lass ihn mal ein bisschen quengeln, er MUSS das einfach lernen!“ zu widersetzen, und man macht sich infolgedessen (ganz unnötigerweise!) so viele Sorgen, handelt oftmals vielleicht sogar entgegen dem meist richtigen „Bauchgefühl“, und am Ende ist niemand glücklich mit der Situation – weder das Baby noch ich mit der vermeintlich richtigen „Erziehung“.
Umso erleichternder ist es, Artikel wie diesen zu lesen, der die ganze Sache einfach nur enorm entstresst – für mein Empfinden.
Sehr wohltuend ?
Danke, freut mich!?
Genau so ist es! Es gibt nichts schöneres als zusammen mit dem Baby am Brust friedlich und glücklich einzuschlafen. Danke für die Unterstützung, ich mache weiter solange es mein Baby will,
Freut mich dass Dir der Artikel gefällt! Für genau diese Art Unterstützung bin ich da!?
Liebe Grüße
ich stille meinen Sohn seit fast 18 Monaten in den Schlaf und es ist su entspannt für alle Familienmitglieder (ja auch der Papa weil er in dieser Zeit aufräumt oder so) und ich fühle mich schon manchmal wie ein Ausserirdischer weil ich mich so oft rechtfertigen soll dafür aber einfach nicht mehr einsehe es zu tun, dieser Artikel gibt Kraft weiterzumachen und ich fühle mich bestärkt das für uns richtige zu tun
Das freut mich!
Danke für diesen Artikel ich habe euch in meinem zu diesem Thema verlinkt LG! http://urnaturaen.blogspot.de/2016/04/eine-liebeserklarung-das.html
Gerne!
Ich stille ganz entspannt Tags über und nachts eh…..ich mach mir da auch kein stress…..ich finde es nur wirklich schade das man sich immer rechtfertigen muss das man. Stillt ich hab gelernt so welche Menschen die ich auch in mein Umfeld hatte zu ignorieren. Ich genieße die zeit mit dem stillen , das ist meine kleine aus Zeit mit unseren engel.
Da hast Du absolut recht. Schön für Euch beide dass ihr es so entspannt genießt!
Das erste mal seit dem ich Mama bin, dass ich einen Artikel so vollkommen für das stillen und besonders das Einschlafstillen lese! Tut wirklich sehr gut.
Ich habe schon unzählige male lesen und hören müssen wie ungut und unnormal das angeblich ist. Und gerade junge und erst Mamas verunsichert das total!
Mein Sohn ist 20 Monate mittlerweile stille ich noch nachts und morgens im Bett.
Macht weiter so! ❤
Dankeschön, das freut mich <3
Ein toller Artikel ❤ danke dafür! Meine Große wird im Juli 3 und ich habe sie 27 Monate gestillt. Zum Schluss nur noch zum einschlafen. Das abstillen hat erst dann geklappt als ich letztes Jahr nach zwei FG zum dritten Mal schwanger war und so fest entschlossen, dass sie gemerkt hat Mama geht es damit nicht mehr gut. Ich hab ihr alles erklärt und es hat von Anfang an gut funktioniert. Seitdem kuscheln wir immer zum einschlafen und das finde ich ok. Sie muss auch noch nicht alleine einschlafen können. Nun erwarten wir im Juli kurz vor ihrem Geburtstag unsere zweite Prinzessin und ich werde es wieder genau so machen mit dem Stillen ?
Liebe Grüße
Danke! Und danke für Deine Geschichte <3
Meine Frage dazu: mein Sohn (15m) schläft noch immer mit einschlafstillen ein. Ich würde aber nun endlich mal das auch gern an Papa abgeben.wie macht ihr das?geht das überhaupt?mit mir einschlafstillen, aber mit Papa (natürlich) ohne Busen? Wir Habens schon ein Paar mal probiert…funktioniert sehr schlecht und ich möchte nicht,dass er sich mit Papa in den schlaf weinen muss…und wenn ich mit ihm schlafen gehe,würde ich aber noch gern weiter einschlafstillen…kann sich das Kind auf zwei unterschiedliche Arten einstellen?
Hallo Brigitte, meiner Erfahrung nach kann ein Kind sich auch auf zwei oder sogar drei(z.B. bei der Oma) „Arten des Einschlafens“ einstellen. Persönlich finde ich es einen guten Ansatz, wenn jeder quasi seine eigene Art ins Bett zu bringen hat und nicht versucht, es „fast“ so wie Mama zu machen. Also z.B. als Einschlafritual bei Papa Geschichte vorlesen + Kuscheln und bei Oma erst baden dann kuscheln oder was auch immer sich eben anbietet.
Ich bin zufällig über diesen Artikel gestolpert und freue mich riesig anscheinend doch nicht so falsch zu liegen. Habe eine äußerst interessieren, sonnige Tochter mit 14 Monaten die tagsüber die Welt regiert und zum Schlafen unbedingt Mama samt Milch braucht, und das teilweise stündlich. Zusätzlich muss ich mir Vorwürfen anhören dass sie dadurch übergewichtig ist. Sie wiegt knapp 17 Kilo bei 82cm und ihren 14 Monaten. Unsere Kinderärztin sieht das Gott sei dank noch entspannt.Sie bekommt weder Säfte, Süßigkeiten noch sonstige FlaschenNahrung. Isst beim FamilienTisch und eben gestillt. Gibt es hierzu Erfahrungen? Danke und lieben Gruß aus Österreich, Margit
Danke für deinen Beitrag!
Wir stehen vor der Krippeneingewöhnung und leben das Einschlafstillen, sowie nachts nach Bedarf. Ja, man macht sich Gedanken. Ich bin an dem Punkt, dass ich meinem Kind so lange das gebe, was es braucht. Nichts ist für die Ewigkeit.
Hallo, ich selbst liebe das Stillen und mein 14monatiger Sohn auch..allerdings schläft er abends nur mit stillen ein und falls er wach wird leider auch..mein probl2em ist dass ich in einem Monat zur Arbeit..und da muss ich 2x einen 25stunden Dienst leisten..nun habe ich riesen Sorge dass mein kleiner Mann da nicht schlafen kann.. ich bin um jeden Tipp dankbar!!!!!!! Hilfe bitte 🙁