Von Christina Law-McLean IBCLC
Egal unter welchen Umständen, es ist immer ein sehr besonderer Moment, wenn ein Baby geboren wird. Die Situationen rund um die Geburt sind sehr unterschiedlich: Manche Babys werden ganz entspannt geboren, bei anderen ist es eine anstrengende und lange Geburt, die Mama und Kind ermüdet und einige werden unter verschiedenen Vorzeichen per Kaiserschnitt auf die Welt gebracht.
Ganz gleich, wie die Randbedingungen einer Geburt waren, gilt immer: Es ist für Mutter und Neugeborenes am besten, so früh und so ungestört wie möglich zusammen zu sein, Haut auf Haut zu kuscheln und anzulegen. Aber je nachdem, wie die Umstände waren, ist der Zeitpunkt und die Art und Weise wie dies umgesetzt werden kann sehr unterschiedlich.
Manche Babys können unmittelbar nach der Geburt schon auf dem Oberkörper der Mutter kuscheln, andere können dies erst mit etwas Verzögerung tun. Manchmal ist es Mama und Kind sogar erst einige Tage später möglich, diesen intensiven Moment der Nähe, diese innige gegenseitige Begrüßung nachzuholen. Wichtig ist, dass sie überhaupt Gelegenheit dazu bekommen sobald es die Situation für beide entspannt zulässt.
DAS KUSCHELN UND DIE HORMONE
Die Hormonkaskade, die durch die Geburt der Plazenta ausgelöst wird, wird durch den Hautkontakt mit dem Baby, dessen Bewegungen, dessen Kontakt mit der Brust, aber auch dessen Anblick deutlich unterstützt. Zum Beispiel ist das „Kuschelhormon“ Oxitocin dabei beteiligt, wenn Mama und Kind sich ineinander verlieben. Darum versuchen viele Kliniken inzwischen Aktivitäten wie Messen und Wiegen sowie eine eventuelle Nahtversorgung der Mutter möglichst erst nach ausgiebigem Kontakt von Mama und Kind und auch nach dem ersten Anlegen zu machen.
DIE BEGRÜSSUNG NACHHOLEN
Wenn beispielsweise wegen eines Notfalls für Mama und Kind diese intensive erste Zeit nicht möglich war, so merkt man manchmal Mutter und Kind an, dass ihnen dies fehlt. Diese wichtige Begrüßung lässt sich auf Wunsch dann zumindest teilweise durch viel ungestörten Hautkontakt oder auch durch ein sogenanntes „Bondingbad“ wie Brigitte Meissner es beschreibt symbolisch nachholen. Gerade auch, wenn Mama und Kind lange auf diese innige Kennenlernphase verzichten mussten oder diese immer wieder unterbrochen werden musste weil zunächst eine medizinische Behandlung von Mutter oder Kind im Vordergrund stand.
INNIG UND INTUITIV, DER ERSTE STILLMOMENT
Wenn die Randbedingungen stimmen und es möglich ist, dem Kind Zeit zu geben, ist es wunderschön, wenn man dem Kind die Möglichkeit geben kann, die Brust selbst zu finden. Beim Liegen auf Mamas Oberkörper kann es die Brust suchen, Kontakt aufnehmen, lecken und schließlich die Brust erfassen, so schaffen es Babys es manchmal sogar, sich selbst „anzulegen“.
-Video siehe unten-
Es kann aber auch gut sein, dass es beim Anlegen Hilfe braucht. Das Baby wird vielleicht nur wenige Tropfen Neugeborenenmilch trinken oder lediglich etwas an der Brustwarze schlecken, aber auch dies ist bereits sehr wertvoll. Nicht nur damit das Baby Energie erhält, sondern ebenso für die Besiedelung des kindlichen Darms mit der gesunden „familieneigenen Darmflora“.
Manche Kinder sind anfangs trotz allem zu erschöpft und schaffen es weniger gut, die Brust zu finden oder mögen manchmal noch gar nicht saugen, z.B. wenn die Geburt beschwerlich war oder die Mutter Medikamente bekommen hatte. Aber gerade dann ist der Haut-auf-Haut Kontakt zur Mutter und deren Brust erst recht wichtig. Zum einen können sie sich so ausruhen und „Hunger holen“, zum anderen hat allein die Berührung des kindlichen Mundes mit der Brustwarze oder ein „daran Schlecken“ schon positive Auswirkung.
WERTVOLLE NEUGEBORENENMILCH
In der Schwangerschaft bereitet sich der Körper bereits rechtzeitig auf das Stillen des Babys vor. Bei der Geburt hat jede Mutter die wertvolle Neugeborenenmilch, das sogenannte „Kolostrum“ für ihr Baby bereits in der Brust. Diese Neugeborenenmilch ist von der Zusammensetzung her ideal für den kleinen Babymagen und für die Anforderungen an das Baby in den ersten Stunden und Tagen.
Viele Frauen haben scheinbar große Zweifel, dass sie schon jetzt genug Milch für ihr Baby haben. Zu unrecht! Denn nicht nur die Zusammensetzung der Neugeborenenmilch ist perfekt auf die Bedürfnisse des Babys abgestimmt, sondern auch die Menge ist genau richtig. Direkt nach der Geburt trinkt ein Neugeborenes noch keine großen Mengen. Besser sind häufige kleine Mahlzeiten. Schrittweise gewöhnt sich der anfangs noch sehr kleine Babymagen an mehr Milch. Und genauso passt sich die Milchmenge der Mutter nach und nach an diesen Bedarf an.
HÄUFIGES ANLEGEN IN DEN ERSTEN STUNDEN: DER KICKSTART FÜR MAMAS MILCHPRODUKTION
Nicht nur in den ersten Stunden und Tagen ist die Milchmenge auf das Baby abgestimmt. Wunderbarerweise passt sich die Milchmenge über die ganze Stillzeit an den Bedarf des Babys an. Das heißt, es wird soviel Milch von der Brust produziert, wie das Baby trinkt. Darum möchte ein Baby auch manchmal öfter als sonst stillen. Damit regt es die Brust an, mehr Milch zu bilden. Diese Anpassung der Milchmenge funktioniert so reibungslos allerdings nur, wenn es wirklich nach Bedarf stillen darf.
STILLEN NACH BEDARF
Gesunde termingeborene Neugeborene sollen gestillt werden,
wann, wie oft und wie lange sie wollen.
In den ersten Stunden soll die Brust dem Baby ruhig sehr oft, also alle 1-2 Stunden angeboten werden. Wenn es zunächst noch nicht trinken will oder noch nicht viel trinken möchte, ist es nicht so schlimm. Wichtig ist aber, dass es Kontakt zur Brust aufnehmen kann, auch wenn es nur etwas daran schleckt.
Wenn Ihr Baby eine längere Phase nach der Geburt noch nicht an der Brust trinken mag, versuchen Sie immer wieder etwas Neugeborenenmilch auszustreichen, also per Hand zu entleeren.
Vielleicht können Sie Ihrem Kind sogar einige Tropfen zu schlecken geben. Ihre Brust wird zusätzlich stimuliert und Ihr Kind erhält neben den Anlegeversuchen wertvolle Energie.
Allgemein ist es gut, wenn sich die Mahlzeiten danach so einpendeln, dass das Baby mindestens 8-12 mal innerhalb 24h trinkt.
START IN EINE WUNDERSCHÖNE STILLBEZIEHUNG
Durch den Hormonumschwung nach der Geburt und durch regelmäßige Stimulation der Brust, fängt die Neugeborenenmilch an, in die sogenannte „reife Muttermilch“ überzugehen. Nach etwa 2-3 Tagen kann man die Veränderung zunehmend beobachten. Ein Teil dieses Übgergangs ist deutlich spürbar: Beim sogenannten „Milcheinschuß“ fühlen sich die Brüste deutlich größer an und können spannen. Der Grund hierfür ist, dass das Drüsengewebe durch Hormone stärker durchblutet wird. Die Schwellung wird also nicht ausschließlich durch die Milch verursacht. Nach einigen Stunden bis Tagen ist diese „Akutphase“ des Milcheinschusses jedoch bereits am Abklingen und nach und nach spielt sich Eure Stillbeziehung immer besser ein.
In diesem Sinne: Entspannt stillen!
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